BIODIVERSITÄT – dringend Handlungsbedarf

Teil 1: Interview mit Andreas Lanz, Landwirt aus Steffisburg

Andreas und Marianna Lanz produzieren in Steffisburg auf 8 ha Land Wein, Getreidearten und Hülsenfrüchte. Alle ihre Produkte bieten sie auch im Direktverkauf an.

Warum ist Biodiversität auf deinem Hof wichtig?

Andreas Lanz: Wir haben sowohl intensive Kulturen als auch extensive Kulturen. Mit extensiven Heuwiesen und Rotationsbrachen möchten wir als Anschlussflächen Nützlinge fördern und so die Gesundheit der Kulturpflanzen stärken.

Welche Massnahmen triffst Du, um die Biodiversität zu erhalten und zu fördern?

Da tun wir Einiges. In den Rebanlagen säen wir alle 2 Jahre die Hälfte der Fahrgassen mit blütenreichen Mischungen neu ein. Auf den Ackerflächen säen wir ebenfalls immer Blühstreifen und haben eine sehr vielfältige Fruchtfolge mit bis zu 8 Kulturen

Mit extensiven Heuwiesen und Hochstammfeldobst haben wir viel artenreiche Flächen und ökologische Strukturen. Das macht auf die Betriebsfläche bezogen einen Anteil von 30%. Auf den extensiven Heuwiesen erreichen wir sogar auf 50% der Flächen die wertvolle Qualitätsstufe II. Die gezielt ausgewählten Rückzugsstreifen wärend der Mahd fördern die natürliche Verbreitung der blühenden Pflanzen und schützen die Insekten.

Eine weitere Massnahme auf die wir achten ist das Entfernen von Neophyten, das sind Fremdpflanzen, die sich stark ausbreiten, Diese werden strikte gestochen und entsorgt .

Wichtige ökologische Strukturen wie beispielsweise unsere Feldobstbäume mit ihrer grosser Arten- und Sortenvielfalt dienen der Vernetzung.

Was können die Bürgerinnen und Konsumenten tun, um die Biodiversität zu schützen?

Alle Arten von Konsum (Güter, Ferien, Freizeit und Lebensmittel) haben einen direkten Einfluss auf die Biodiversität. Seien es Transportwege, Abbau von Rohstoffen oder Emissionen von Verkehr und Freizeit. Das müssen wir uns jeden Tag bewusst sein, etwas Zurückhaltung ist sicher gut.

Den Einkauf von Esswaren sollten Konsumeneten regional und vor allem saisonal gestalten. Ein gute Lösung ist so oft wie möglich Bio Suisse- und  Demeter Produkte zu bevorzugen.

Was liegt dir noch am Herzen?

Bedenken Sie bitte, dass alle Neophyten und endemischen Arten – als quasi fremde Arten – die sich unnatürlicherweise bei uns verbreiten, durch globalen Handel und Konsum in der ganzen Welt eingeschleppt werden. Von den Landwirtinnen und der öffentlichen Hand müssen diese anschliessend im mühevoller Arbeit entfernt oder bekämpft werden. Zudem bedrohen Sie die regionale Biodiversität massiv. Die Wirtschaft interessiert es jedoch kaum und und sie wird auch nicht zur Rechenschaft gezogen.

Unverhältnismässig ist es zudem, wenn die Landwirtschaft für die schwindende Biodiversität alleine aufkommen und die ausufernde Siedlungsentwicklung und Strassenflächen kompensieren soll.


Teil 2: Faktencheck – Fragen und Antwort

Wie steht es denn um die Biodiversität in der Schweiz?

«Die Biodiversität in der Schweiz befindet sich heute in einem besorgniserregenden Zustand, der sich anhaltend verschlechtert.» Dieser Aussage entspricht dem wissenschaftlichen Konsens 1).

Was ist die Folge?

Mit dem Rückgang der Artenvielfalt nimmt auch die Fähigkeit der Natur ab, Ökosystemleistungen für den Menschen zu erbringen.

Die wirtschaftliche Entwicklung, unsere Sicherheit, Kultur und Lebensqualität sind gefährdet.

Während sich einige Arten erholen, sind viele andere rückläufig oder stagnieren auf tiefem Niveau. Dadurch vermindert sich auch Beitrag der Biodiversität zur Abschwächung des Klimawandels und dessen Auswirkungen, schreibt das Forum Biodiversität Schweiz. 2)

  • Die Flächen sind zwar vorhanden, aber nicht in ausreichender Qualität.
  • Die Umsetzung der Massnahmen wird von den Kantonen zu wenig forciert.

Was wird bereits getan?

Die zahlreichen Bemühungen fördern die Biodiversität in der Schweiz meist nur lokal, weil die schädlichen Treiber grossflächig weiterwirken. Darunterfallen etwa der massive Eintrag von Stickstoff und Pestiziden aus der Landwirtschaft in die Umwelt, die Beseitigung biodiversitätsfördernder Landschaftsstrukturen, der Ausbau und Unterhalt von Siedlungs- und Verkehrsinfrastrukturen oder der Klimawandel.

Um flächendeckend eine Trendwende ein-zuleiten, müssen sowohl diese direkten Treiber als auch die dahinterstehenden indirekten Treiber wie biodiversitätsschädigende Subventionen oder der nicht nachhaltige Konsum angegangen werden. Dazu braucht es einen grundlegenden transformativen Wandel von Gesellschaft und Wirtschaft.

Was braucht es noch?

Notwendig sind Umsetzungspflichten für die gesetzlich vorgeschriebenen biodiversitätsfördernden Massnahmen und behördliche Kontrollen, ob und wie Massnahmen ergriffen wurden und Wirkung zeigen. Das Einrichten der Ökologischen Infrastruktur, des wichtigsten Ziels der Biodiversitätsstrategie der Schweiz, muss vorangetrieben werden. Biodiversität ist eine wichtige Lebensgrundlage und sollte eine zentrale Querschnittsaufgabe auf der politischen Agenda sein.1)

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  1. Faktencheck zu Biodiversität  
  2. Factsheet Forum Biodiversität Schweiz (SCNAT), Interface Politikstudien (2022)

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